„Ja, was ist denn nun der Grund für meine Erkrankung?“
Ist es die Psyche? Der Körper? Der Geist? Die Hormone? Die Ernährung? Die Strahlung? Die Gene? Die Regierung?
Vielleicht liegt’s ja am Alter, aber immer öfter gehen mir die einfachen Gründe und Lösungen schlicht und ergreifend abhanden. Jemand, der die Ursache einer Krebserkrankung auf ein Trauma als alleiniges Übel reduziert, liegt sicherlich schwer auf der Linie von Scharlatanen. Andererseits greift jemand, der meint, dass sein Problem mit einer Operation alleine zu lösen sei, auch sehr kurz.
Wir als Menschen sind so komplexe Wesen, wir sind stofflich, materiell genauso wie geistig, seelisch orientiert. Und dazu noch zwei Geschlechter. Wir werden geprägt von unseren Eltern, Lehrern und Ausbildung. Wir werden beeinflusst von Werbung, Umwelt und einer riesigen Flut von Gedankenwelten.
Wenn wir uns als Gesamtheit begreifen würden, wenn wir erkennen könnten, was uns ausmacht und was sich in jedem Einzelnen von uns bündelt an Impulsen, Strukturen, Wünschen, Werten, Zellen und Geweben – ich glaube, wir würden verrückt werden. Und vielleicht ist es sogar so, dass wir dies ahnen und deswegen einfache Lösungen, Gründe und Zusammenhänge bevorzugen. Schließlich brauchen wir ja einen klaren Rahmen und Regeln um Geborgenheit und Heimat zu erfahren und den Alltag gut bewältigen zu können.
Sicherlich ist auch unsere Gesellschaftsstruktur mit ihrem Leistungsdruck und ihrer Unmenschlichkeit ein Teil des Problems. Wir können uns eine differenzierte Betrachtung der Dinge nicht mehr erlauben. Denn diese erfordert Muße und Entspannung. Und Zeit, Dinge auch mal wirken zu lassen, Geschehenes zu verdauen und sich selbst dabei ernstzunehmen. Wir brauchen Ruhe um jene Gedanken zu erwischen, die uns im Nebenbei streifen und dennoch wichtig sein können.
Vielleicht werden wir aufgrund des zunehmenden Drucks auch denk- und fühlfauler? Vielleicht wollen, können wir nicht mehr so tief schürfen wie noch vor zwanzig, dreissig Jahren? Überholt uns die Zeit und bleiben wir kollektiv abgeschlagen zurück, mit der diffusen Hoffnung, dass es doch irgendwie nochmal gut gehen würde?
Ehrlich gesagt: ich weiss es nicht.
Heute war eine Patientin bei mir, die durch ihre Krebserkrankung von jetzt auf nachher zwangsweise in den Ruhemodus versetzt wurde. Sie hat das Gefühl, dass sie langsam aber sicher zur Besinnung kommt. Zu Beginn suchte auch sie den EINEN Grund warum sie krank wurde. Sie war auf der Suche nach der eigenen Schuld am Krebs. Inzwischen schaut sie differenzierter auf die verschiedenen Lebensbereiche: den Stress, den sie sich bei der Pflege ihrer Eltern aufgebürdet hatte, bei voller Berufstätigkeit, die sie auch perfekt leisten wollte. Sie schaut auf die Dinge, die mit ihrer Schwangerschaft verbunden waren – im Schönen und im Schwierigen. Sie gibt all dem Raum, was über viele Jahre nicht hatte sein dürfen. Wie sehr sie sich schuldig fühlte, wann immer es jemandem im Umfeld nicht gut ging. Wie sehr sie alles immer perfekt handeln wollte. Sie beschreibt auch das Unbehagen in ihrer Wohnsituation seit direkt ans Haus verschiedene Masten gebaut wurden. Und die Hilflosigkeit, dass eine Bürgerinitiative da nichts bewirken konnte.
Wie kann Krebs entstehen?
Ich glaube, ein ehrlicher Onkologe würde sagen: „Ich weiss es nicht“ – oder: „Wir wissen zwar heute wesentlich mehr als noch vor X-Jahren, aber im Grunde können wir es immer noch nicht sagen“. Krebs ist eine multifaktorielle Erkrankung. Wir können auf die Ernährung schauen, auf die Stressbelastung, auf Nikotin und Alkohol, auf Traumata, die Arbeitswelt, die Umweltbelastung, auf die Gene, die Hormone…. – diese Liste kann durchaus noch verlängert werden.
Ich gehe davon aus, dass Heilung in der Regel einen bestimmten Tiefgang erfordert. An welcher Stelle dieser ansteht, das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wir sind ja, wie eingangs beschrieben, komplexe Individuen. Jede,r für sich auf einem Weg, der sich erst im Gehen vor uns entfaltet.
Ach, wenn es doch nur einfacher wäre!
Wenn die falsche Ernährung schuld am Krebs wäre und die Ausländer schuld daran, dass es uns Deutschen so schwer ist. Wenn die Welt doch überschaubar wäre, begrenzter und leichter zu begreifen.
Doch dies sind Träume, die sich in unserem Leben nicht erfüllen werden. Wenn wir als Menschheit insgesamt, und als Individuen gesehen, gut überleben wollen und gar noch eine Zukunft für unsere Kinder ermöglichen wollen, dann lassen Sie uns die einfachen Lösungen einfach vergessen. Wir können das schaffen indem wir wieder mehr Muße und Entspannung erlauben und wenn wir Kontakt aufnehmen, Neues wagen und Kreativität erlauben. Wenn wir zielgerichteter nachdenken und ins Gespräch gehen. Wenn wir Forschung fördern und Neues nicht abtun. Für uns persönlich gesehen und ebenso in gesellschaftlich relevanten Belangen. Im Kleinen wie im Großen.
Die Anthroposophen beschreiben den Krebs als typische Erkrankung unserer Zeit: als vereinzelten, vom Gesamten abgekoppelten Zellhaufen, der hier mal zeigen will wo der Hammer hängt. Salopp gesagt. Wir haben die Wahl: hin zu diesem Zellhaufen der uns irgendwann killt oder hin zu Gemeinschaftlichkeit und vernetztem Empfinden. Beides erfordert Anstrengung. Nur die Perspektiven sind andere.
Vielleicht können wir dann eine andere Ernte einfahren. Vielleicht wird die Lebensqualität eine bessere sein und wir werden uns bereichert fühlen. Doch Versprechungen gibt es da keine. Ich persönlich bin durch viel Leidvolles zu dem Menschen geworden die ich jetzt bin, das Leben hat mich zu manchem Tiefgang gezwungen. Ob das wirklich nötig war weiss ich nicht und ich wünsche anderen von Herzen, dass sie es leichter haben. Aber an einfache Lösungen – sei es im Bereich der Heilung oder der gesellschaftlichen Themen – kann ich nicht mehr glauben. Dann schon eher an Wunder.
Und übrigens:
wenn Sie eine Heilpraktikerin suchen, die Sie mit Tiefgang begleitet und es versteht, auch Schwieriges empathisch und gut zu handeln, dann sind Sie bei mir richtig. Rufen Sie mich gerne an: 0681/97 05 95 94
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