IMG_2176Heute rief mich eine Patientin vollkommen verzweifelt an. Sie fühlt sich zerrieben zwischen Ärztemeinungen, Ratschlägen von Freunden und Sorge ihres Mannes. Obwohl normalerweise sehr klar, war sie heute verwirrt, gestresst und ausser sich. Die Anweisung des Onkologen war klar gewesen: „Machen Sie sich keine Sorgen. Es ist alles im Rahmen und in Ordnung.“ Bekannte meinten aber nun, sie sei zu dick geworden. Der Hausarzt rief an und bestellte sie dringend in die Praxis ein. Mit der Begründung, dass sie ja nicht einschätzen könne, was da innerhalb kürzester Zeit in ihrem Körper explodieren könnte. Mit ihrem Mann, der vor Sorge schier verrückt wurde, ergab sich ein Streit.
Zum Glück ist dies eine Person, die ihren Instinkten normalerweise sehr vertraut und ihrer inneren Stimme genug Gewicht gibt. Es bedurfte nicht viel, um in diese Situation wieder Klarheit und Vernunft zu bringen.

Aber gezeigt hat es mir wieder einmal, wie stark der Druck für einen Krebspatienten von jetzt auf nachher werden kann. Wie plötzlich ein paar Dinge zusammenkommen und die Stressbelastung von geschätzten normalen 30 auf 100 steigen kann. Gesund ist dies mit Sicherheit nicht. Schuld im direkten Sinne ist auch niemand, obwohl ich eine solche hausärztliche Äusserung kontraproduktiv finde.
Jeder Patient, jede Patientin gerät ab und an in solche Lagen. Damit umzugehen und auch Hilfe zu erbitten will gelernt sein. Ein Prozess, der unabdingbar ist wenn Menschen eigenverantwortlich mit einer Erkrankung umgehen wollen. Oftmals kann es durchaus nötig werden, bestimmte Kontakte etwas zu begrenzen. Die Frage: „Was fördert meine Heilung und was hindert sie?“ steht im Zentrum.
Hier zeigt sich deutlich, wie wichtig es für Betroffene ist zum einen selbst gut informiert zu sein und zum anderen die eigene innere Stimme zu kennen und ihr Raum zu geben. Von Therapeutenseite sollte klar sein: eine zukunftsgerichtete Arbeit mit Patienten auf Augenhöhe bezieht auch diese Ebene mit ein. Information : Ja! Kommunikation: Ja! Aber Angst auslösen, Panik schüren gehört definitiv nicht in eine heilende Arbeit.