Wenn eine Erkrankung einen ungünstigen Verlauf nimmt und es immer schwieriger wird, bei der Hoffnung zu bleiben, suchen Menschen nach denjenigen Alternativen, die vielleicht nicht anerkannt aber es dennoch wert sind, ausprobiert zu werden.
So scheint es mit Vitamin B17 – auch Amygdalin oder Laetril genannt – zu sein.
Kurz zu der Frage, was das eigentlich ist:
Diese Substanz kommt vor allem in Bittermandeln, Aprikosenkernen und in geringerer Menge auch in Apfelkernen vor. Die darin enthaltene inaktive Blausäure soll gesunden Zellen nicht schaden, dafür aber Krebszellen vernichten. Der Wirkmechanismus kann in etwa so erklärt werden: Es gibt in Krebszellen ein Enzym das in gesunden Zellen nicht vorkommen soll und bei dem Versuch dieses Enzyms, das Vitamin B17 Molekül aufzuschlüsseln, wird die Blausäure aktiviert und die Krebszelle vernichtet. Eine Art biologischer Chemotherapie in etwa.
Der Gedanke ist in der Tat bestechend. Ein Zellgift, das nur die Krebszellen im Visier hat und keinerlei Nebenwirkungen wie Übelkeit, Haarausfall usw. macht. Dennoch ist die Therapie mit Laetril umstritten. Es gibt keine Studienlage, die überzeugend aussagt, dass Vitamin B17 von Nutzen ist. Andererseits wird es auch nicht im Interesse der Pharmaindustrie sein, groß angelegte Studien durchzuführen, denn hier wäre nicht viel Geld zu verdienen. Es gibt klinische Dokumentationen des Nationalen Krebsinstitutes der USA und eine Chochrane-Analyse aus dem Jahr 2006, die keinen Nutzen sahen. Aber auch die Frage der Giftigkeit von Amygdalin auf gesunde Zellen wird kontrovers gesehen.
Demgegenüber stehen recht viele Erfahrungsberichte, in denen Betroffene sehr überzeugt davon Auskunft geben, dass die Einnahme von Vitamin B17 ihnen geholfen habe. Kürzlich habe ich selbst einen Mann in einem meiner Vorträge gehabt, der sagte dass Vitamin B17 ihm das Leben rettete. Er nahm Vitamin B17 hochdosiert ein. Toxische Schäden hatte er keine.
Zur therapeutischen Anwendung kommt Vitamin B17 als Infusion oder in Kapselform. Aprikosenkerne zum Verzehr werden eher im Sinne der Prophylaxe oder der Nachsorge genutzt.
Meine persönliche Einschätzung ist die, dass Vitamin B17 vielleicht in Kombination mit anderen komplementären Therapien eine sinnvolle Beigabe sein kann. Als alleiniges Krebsmittel halte ich den Einsatz nicht für ratsam. Eine wirkliche Beurteilung fällt mir ausgesprochen schwer, weil die Sachlage so unklar ist, trotz (oder gerade wegen) vieler populärer Bücher, die darüber geschrieben wurden. In meiner Praxis aber möchte ich die Hoffnung meiner Patientinnen und Patienten unterstützen ohne unlautere Methoden und Heilsversprechen abzugeben. Dies ist oft eine Grenzwanderung.