Mir ist immer und immer wieder folgender Satz im Kopf:
Krebs ist die Aufforderung Deines Körpers an Dich, Dein Leben so zu leben dass Du es liebst.
Damals, vor vielen Jahren, als ich selbst krank war wurde dieser Satz zu meinem ständigen Begleiter. Ich las ihn im Buch von Bernie Siegel: „Prognose Hoffnung“. Er half mir aus vielen Verstrickungen heraus. Er war eine Herausforderung zu erkennen, wo ich mir selbst schadete und welcher Art die Liebe zum Leben wirklich sein kann. Dass sie auch Fürsorge, ein gerüttelt Maß an Disziplin und gar Strenge sich selbst gegenüber beinhält. Und da ein fließen-lassen, wo es vorher nie denkbar gewesen wäre. Dieser Satz hat mich oft verblüfft und es war eine innere Reise mit ihm verbunden, die sich beständig vertiefte und im Grunde genommen nie endete. Er hat meine gesamte Haltung mir selbst gegenüber auf den Kopf gestellt.
Wenn ich heute mit meinen Krebspatienten spreche habe ich ihn stets dabei. Die Art und Weise, wie Menschen mit einer schweren Erkrankung wie Krebs umgehen ist sehr sehr unterschiedlich. Und das ist auch gut so. Genau darauf zielt meine Arbeit. Den individuellen Weg eines Menschen zu finden und zu unterstützen. Ich stelle mich an die Seite meiner Patienten und gemeinsam sind wir Forschende in Sachen Gesundheit. Wenn es richtig gut läuft, sind wir ein Team.
Im Grunde genommen ist das Wort „Krebs“ austauschbar. Es könnte genauso heissen: Rheuma, Asthma, HIV, Burnout, Borderline… – alle chronischen Erkrankungen fordern uns dazu auf unsere Haltung dem Leben gegenüber zum positiven zu verändern. Denn so kann sich die eigene Heilkraft entfalten, schulen und vervollkommnen.
Darum herum darf viel getan werden: Therapieentscheidungen werden getroffen und manche auch wieder revidiert. Änderungen im Lebensstil sind immer wieder aktuell und werden geprüft. Unterstützung wird dort eingeholt wo Vertrauen ist. Diese Dinge sind in ständiger Bewegung. Die Frage ist: „wie drückt sich die Haltung der Liebe zum Leben und zu sich selbst nach aussen aus?“
Rauchen und schlechte Ernährung sind kein Ausdruck von Selbstliebe und der übermäßige Genuss von Alkohol auch nicht. Sich innerlich Menschen zu verweigern die man eigentlich liebt kann die Gesundheit durchaus schädigen. Gerade so wie umgekehrt: sich zu verschwenden an Menschen, die einem nicht gut gesonnen sind. Sinnlichkeit und sexuelle Freude zu erlauben ist nicht jedem Menschen einfach so gegeben. Genauso wie: Mitgefühl, Empathie und Fürsorge zu spüren. Dies alles können Meilensteine sein auf dem Weg die Lebenshaltung zu ändern.
Die Haltung: „das Leben so zu leben, dass man es liebt“ ist keine leichte. Sie fordert uns auf Dinge zu verändern, Stellung zu beziehen, Konventionen zu verlassen und Herz und Hirn zu öffnen für Neues. Da kann man zuweilen schon das Fürchten bekommen. Klar, – es gibt Menschen, die haben diese Baustelle nicht. Die lieben ihr Leben und werden trotzdem krank. Und es gibt auch keine Garantie dass wir durch diese Haltungsänderung länger leben. Der Weg wird nur ein Anderer. Er wird vielleicht sogar steiniger. Aber vor allem: voller, runder und erfüllter.
In diesem Sinne: Ja, es kommt auf die Haltung an. Auch, wenn damit keine Versprechungen verbunden sein können. Das Leben lässt sich eben nicht kontrollieren, wohl aber hingebungsvoll leben:))